"ODALISQUE"
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Flyer, Centrum, 2019
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KARMA, "ODALISQUE", Installationsansicht, Centrum, 2019, Foto: Ute Klein
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KARMA, "ODALISQUE", Installationsansicht, Centrum, 2019, Foto: Ute Klein
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KARMA, "ODALISQUE", Installationsansicht, Centrum, 2019, Foto: Ute Klein
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KARMA, "ODALISQUE", Installationsansicht, Centrum, 2019, Foto: Ute Klein
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KARMA, "ODALISQUE", Installationsansicht, Centrum, 2019, Foto: Ute Klein
Ausstellung in Berlin : "ODALISQUE"
KünstlerIN: KARMA
Zeitraum: 09.03.2019 bis 13.04.2019
In ihrer Ausstellung "ODALISQUE" stellt die Künstlerin KARMA Bezüge her zwischen dem traditionellen Genre der Kunstgeschichte und der anhaltenden Kommerzialisierung und Exotisierung des nicht-westlichen, weiblichen Körpers durch heutige Formen von Sklaverei, Pornografie und Prostitution. Sie eröffnet damit einen Diskurs über die Kontinuität weißer, männlicher, heterosexueller Hegemonie innerhalb und mithilfe der Kunstwelt und fordert die Dekolonialisierung unseres kollektiven, ästhetischen Bewusstseins.
Die Ursprünge des Wortes Odaliske liegen in der türkischen Bezeichnung "odalik" von "oda", Kammer oder Raum, mit Bezug auf die Frauen, die als Zimmermädchen am osmanischen Hof arbeiteten. Im populären künstlerischen Bewusstsein sind Odalisken prunkvolle, sinnliche Gemälde schöner, nackter Konkubinen, die sich in liegender Pose räkeln und bewundern lassen und den Betrachter in ihre exotische, "orientalische" Umgebung einladen. Obgleich ein etabliertes und beliebtes Genre, ist die Odaliske für KARMA eine unwürdige, visuelle Feier der Kolonialisierung und Versklavung von Frauen und möglicherweise der Gipfel einer kulturell aufgewerteten Darstellung der Frau als Objekt des männlichen Blicks.
Zeitgleich mit dem aufkommenden Kolonialismus im 18. Jahrhundert begannen viele Künstler, den Wunsch der weißen, westlichen Bevölkerung, ihre Häuser mit exotischen Gegenstände und Symbole auszustatten, um Reichtum, Macht und Weltlichkeit zu demonstrieren, gewinnbringend für sich zu nutzen. So wurde die Odaliske spätestens im 19. Jahrhundert durch den Orientalismus als ästhetischer Bewegung zur beliebten und verbreiteten Fantasiefigur. Renommierte Künstler, darunter Jean-Auguste-Dominique Ingres, Edouard Manet oder Henri Matisse, verdanken ihr Ansehen zumindest teilweise - und in einigen Fällen auch ihr Vermögen - der Odaliske.
Für ihre eigene Version der Odaliske entschied sich KARMA, den historischen Kontext und den herkömmlichen Stil des Genre zu negieren. Inspiriert von der Geschichte der Odaliske, aber auch von Centrum, dessen Räumlichkeiten einst als Bordell genutzt wurde, präsentiert KARMA ihre skulpturalen Gemälde als Teil einer umfassenden Installation: Weiche, intime Strukturen wie Bettdecken und Kissen symbolisieren den weiblichen Körper. Drapierte und gespannte Stoffe spiegeln das kokonartige Gefängnis der Odaliske aus den originalen Gemälden wider. Die Nachahmung des Innendesigns eines Bordells wird durch die Aneignung des "Ornaments des Anderen" erzielt, einer Art orientalischen Ästhetik, für die die Bogenarchitektur des Raums betont wird und Standard-Requisiten vieler Odaliskengemälde wie Paravent, Teppich und Palme in die Installation integriert. Hinzu kommen Elemente eher westlich konnotierter Innenausstattung mit visuellen (Rosa, Rottönen und Purpur) und texturalen (seidigen, glänzenden und pelzigen) Übertreibungen des Weiblichen als Kitsch. Zusammen ergeben und simulieren sie eine Kulisse für das männliche Schauspiel der Kommerzialisierung des weiblichen Körpers und der Dominanz des Selbst.
Um diese persönliche wie auch theoretische Verbindung zwischen der Odaliske und der Sklaverei zu untermauern, hat KARMA Sexspielzeuge und Bondage Requisiten in ihre Installation integriert. Einerseits sind diese eine Anspielung auf die einst in der Sklaverei eingesetzten Herrschaftswerkzeuge, andererseits sind sie mittlerweile fester Bestandteil der Fantasiewelt von BDSM-Rollenspielen und -Pornografie. Seile fesseln die "Matratzenkörper", Ketten "schmücken" einen Durchgang, Handschellen "verzieren" einige der Arbeiten. In "ODALISQUE" schafft die Künstlerin so begriffliche und semantische Bezüge zwischen BDSM (Master / Servant-Slave) und den Machtstrukturen von Master-Sklaven-Beziehungen der Vergangenheit, die - wenn es um weibliche Sklavinnen ging - häufig von Dominanz und sexuellem Missbrauch geprägt waren.
In unserer heutigen Kultur sind BDSM-Praktiken durch Online-Pornografie und soziale Medien leicht zugänglich und weiter verbreitet und populärer denn je. Viele Frauen sehen darin, die Rolle der "Sklavin" einzunehmen - als Gegenstück zur Rolle ihres Partners als "Master" - einen Ausdruck ihrer persönlichen Entscheidungsfreiheit. Diese privilegierte Wahl, so KARMA, ist ein Phänomen, das möglicherweise dazu beiträgt, dass viele Leute glauben, dass wir in einer Zeit leben, in der Frauen die vollständige Wahlfreiheit in Bezug auf persönlichen Willen, Sexualität und Arbeit erlangt haben. Den Statistiken von Menschenrechtsorganisationen zufolge, die die heutigen Formen von Zwangsarbeit und Menschenhandel registrieren, sind jedoch unzählige Frauen, die nicht über die wirtschaftlichen und erzieherischen Privilegien unserer Kultur verfügen, weiterhin gezwungen, gegen ihren Willen in Sklaverei zu leben.
Durch ihre neofeministische, dekolonialisierende und sozialistische Interpretation der Odaliske entlarvt die Künstlerin den inhärenten Rassismus, Sexismus und die Kommerzialisierung innerhalb elitärer, kanonisierter Kunst als dieselben, die die allgegenwärtige visuelle Kultur dominieren. Mit ihrer Ausstellung möchte KARMA auf die anhaltenden Auseinandersetzungen hinweisen, mit denen Frauen heute immer noch für ihre Autonomie, sei sie körperlich, sexuell oder metaphorisch - bei der Schaffung ihrer eigenen Bilder und Identitäten -, kämpfen. Die beiden symbolischen Hauptmotive in der Ausstellung, das Auge und die Wunde / Vulva, verweisen dabei sowohl auf den Schmerz und das Leid der Opfer der Sklaverei als auch an unsere gesellschaftliche Verantwortung, nicht wegzusehen, sondern unsere kulturelle Schuld anzuerkennen.
Öffnungszeiten:
Do - So, 15 - 19 Uhr
Internetadresse: http://centrumberlin.com
Texte & Bild © Centrum.
Bitte vergewissern Sie sich bezüglich der Aktualität dieser Informationen beim Veranstalter.

Zeitraum: 09.03.2019 bis 13.04.2019
Adresse:
Reuterstr. 7
12053 Berlin
Öffnungszeiten: Do - So, 15 - 19 Uhr
Centrum
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