"Öffentliche Führung '100 Jahre Gottfried Honegger'"
Veranstaltung in Zürich : "Öffentliche Führung '100 Jahre Gottfried Honegger'"
Zeitraum: 06.07.2017
Der Kurator Martin Gut führt durch die Sonderausstellung "100 Jahre Gottfried Honegger"
Gottfried Honegger (1917-2016) war einer der bedeutendsten Schweizer Künstler. Mit seinem Wirken und seiner Kunst prägte und bereicherte er nicht nur die Stadt Zürich, sondern lebte auch in New York, Paris und Cannes und hinterliess zahlreiche Werke im öffentlichen Raum, zum Beispiel in Frankreich, Deutschland, USA, Italien, Österreich, Korea und der Schweiz.
Die Kultur seiner Mutter, wie er sie beschrieb - eine bäuerliche, archaische Welt voller Empfindsamkeiten, Freuden, Ängste und Sinnlichkeiten im ländlich lateinischen Engadin -, bildete seine Emotionalität und Verbundenheit zur Natur. Die andere, diejenige seines Vaters - eine städtische, germanische, «zwinglihafte» Zürcher Kultur -, bildete einen Honegger der Konstruktion und des Rationellen. Mit den Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegungen, die sein Vater aktiv unterstützte, und seiner persönlichen Erfahrungen im Aktivdienst am Rand des Zweiten Weltkriegs, gesellte sich ein dritter Honegger hinzu: der Humanist, genossenschaftlich denkende Demokrat und stets der Freiheit und Gerechtigkeit verpflichtete Aktivist.
Nach seinen ersten Jahren im Engadin wuchs Gottfried Honegger im Zürcher Kreis 4 auf, besuchte ein Jahr lang die Kunstgewerbeschule Zürich und lernte daraufhin Schaufensterdekorateur. Seine erste Frau, Warja Lavater, eine erfolgreiche Illustratorin, inspirierte ihn zum Grafikberuf. Sie sei diejenige gewesen, die ihn das Sehen und Hören gelehrt habe. Doch selbst als sehr erfolgreicher kommerzieller Grafiker hing er mehr an seiner Malerei, die er stets nebenbei betrieb, als an seinem Brotberuf. Zum Bruch kam es schliesslich in New York. Einerseits widerte ihn der aufkommende kapitalistische amerikanische Konsum an, andererseits nährten die Freundschaften mit Mark Rothko, Barnett Newman oder auch Sam Francis seinen Wunsch, vollkommen auf die Kunst zu setzen. Es war die Zeit der revolutionären Umbrüche, die sich an den Rändern der Gesellschaft und inmitten der Kunstszene bereits abzeichneten.
Die Familie Honegger zog von New York nach Paris, wo Gottfried eine Künstlerkarriere startete, die ihresgleichen suchte. Ursprünglich malte Honegger Landschaften und Porträts, schuf also gegenständliche Kunst. Nach der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und Hitlerdeutschlands mit seinem Kreuzzug gegen entartete Kunst begriff Gottfried Honegger, dass die nicht gegenständliche Kunst, also die abstrakte Kunst, den Gefährlichen gefährlich ist.
Gegenständliche, «figurative Kunst gibt dem Betrachter keine Freiheit», denn der politische Grund, abstrakte Kunst zu verfolgen, sei, dem Menschen das Denken zu verbieten.
Denn: «Je näher die Kunst an der Natur ist, desto unfreier ist der Betrachter. Er wird damit zum reinen Konsumenten.» Die abstrakte Kunst hingegen, binde die Freiheit des Betrachters mit ein, und dieser werde durch seine Interpretation zum Mitkünstler des Werkes. Deshalb sei die abstrakte Kunst eine demokratische, während die realistische eine feudalistische, diktatorische Kunst sei.
Gottfried Honegger war ein Vertreter der konstruktiv-konkreten Kunst - einer Philosophie, welche die individuelle Handschrift eines Künstlers durch klare Geometrie und monochrome Farbgestaltungen überdeckt. Diese Weltsicht war dem Gefühl geschuldet, dass es nicht um ihn als Künstler, sondern stets um die Gesellschaft und das Miteinander geht.
Gottfried Honegger lebte nicht nur in Paris, wo er unzählige internationale Ausstellungen bestritt und 1986 zum «Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres», 1996 zum «Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres» und 1999 zum «Chevalier de l'Ordre de la Légion d'Honneur» ernannt wurde, sondern er arbeitete und lebte ab 2005 vor allem in Zürich. Er schuf viele Werke im öffentlichen Raum, welche zusätzlich zu unserer Ausstellung auf einem Skulpturenspaziergang durch die Stadt Zürich zu sehen sind.
Gottfried Honegger erhielt 1987 den Zürcher Kunstpreis. Im selben Jahr wurde er Mitbegründer der Stiftung für konstruktive, konkrete und konzeptuelle Kunst (ehemals Stiftung für konstruktive und konkrete Kunst) in Zürich. Zusammen mit Sybil Albers-Barrier gründete er 1990 im Schloss von Mouans-Sartoux an der französischen Côte d'Azur den Espace de l'Art Concret (Raum der konkreten Kunst) und richtete dort 1997 das Kinderatelier «Kunst, Forschung, Imagination» ein. Für die Schenkung Donation AlbersHonegger schufen die Architekten Annette Gigon und Mike Guyer dort den im Jahr 2004 eingeweihten Museumsbau «L'espace de l'Art Concret».
2015 eröffnete Gottfried Honegger persönlich noch seine grosse Retrospektive im Centre Pompidou in Paris. Ebenfalls 2015 fanden Ausstellungen im Kloster Schöntal, auf dem Löwenbräu-Areal, Zürich, in der Galerie Bob van Orsouw sowie in der Galerie Römerapotheke statt, und Honeggers Kirchenfenster sowie drei grosse Skulpturen wurden in der St.-Pauls-Kathedrale in Lüttich, Belgien, inauguriert.
«Die konkrete Kunst will kein Bild kreieren, sondern eine gesellschaftliche Kultur», sagte Gottfried Honegger, und in diesem Sinne müsse seine Kunst in den Lebensalltag der Gesellschaft integriert werden.
So zeigt Martin Gut in Zusammenarbeit mit der Galerie Römerapotheke die Sonderausstellung 100 Jahre Gottfried Honegger im Dolder Bad. In derjenigen Badi, notabene, in der Gottfried Honegger regelmässig mit Max Frisch badete, welcher ihm sein Theaterstück Triptychon widmete und einst in der Zürcher Zeitung vom kleinen Meer im Wald schrieb:
«Man schlendert am Zürichberg, stampft durch sommerliche Wälder, deren saftiges Grün von Sonne tausendfach durchrieselt wird und uns mit goldenem Flimmern, mit silbernem Glitzern umfängt, und was ich in meiner Rocktasche versteckt halte, ist eine Badehose, versteckt nämlich, weil es mir doch ungereimt vorkommt, weil ich es nicht ganz glaube, bevor ich es mit eigenen Augen sehe; ein Rechteck voll warmer Adria, deren helles, so lebhaft schillerndes Grünlichblau uns überrascht und mit stummem Jubel erfüllt, eine zaubervolle Farbe, die wie das durchsichtige Leuchten eines Juwels daliegt, eingefasst in Wäldern dichten Laubes!»
Text: Martin Gut
Öffnungszeiten:
19.00 Uhr, Führung
17.00 Uhr, Vorprogramm
"dîner de dolderbad"
Bitte reservieren auf
[email protected]
Internetadresse: http://www.doldersports.ch/de/128/kultur.aspx
Bitte vergewissern Sie sich bezüglich der Aktualität dieser Informationen beim Veranstalter.
Zürich
Zeitraum: 06.07.2017
Adresse:
Adlisbergstrasse 36
8044 Zürich
Öffnungszeiten: 19.00 Uhr, Führung
17.00 Uhr, Vorprogramm
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