Ausstellung in Berlin : "Knowledge Comes with Death's Release"

Künstler: Geiissler & Sann

Zeitraum: 01.07.2017 bis 02.09.2017

taubert contemporary freut sich neue Fotografien von Beate Geissler und Oliver Sann zu zeigen. In diesen Arbeiten entsteht Poesie aus einer abstrakten Landschaft mit gesprungenen Computerbildschirmen. Typischerweise verbinden wir Risse mit Verfall. Aber die zerbrochenen Bildschirme von Geissler und Sann könnten in der Tat mehr Fragen aufwerfen als die "lebendigen" Computer. Risse können eine tief verwurzelte Quelle von Information und Inspiration sein, wenn man weiß, wie man sie deutet.
Risse sind besorgniserregend wie z.B. an einem Haus, das einem den zeitlichen Verfall oder die strukturelle Schwäche durch diese kenntlich macht. Risse haben ihre eigene Logik. Sie erscheinen als Reaktion auf mechanische Konflikte und lösen diese, indem sie Spannungen nachgeben. Sie folgen dem kürzesten Weg. Dem Weg, der das bloße Minimum an Energie verlangt. Dies kann ästhetische Muster erzeugen wie die sechseckigen Gitter, die typischerweise im trockenen Schlamm oder an Bienenstöcken erscheinen.
Wenn die mechanische Beanspruchung stark in eine Richtung weisend ist, bilden Risse mehr oder weniger gerade Linien. Materialien können auch die Art und Weise beeinflussen wie Sprünge sich bilden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn ein Material anisotrop ist, d.h. wenn seine Struktur in eine Richtung widerstandsfähiger ist als in die andere. Risse reagieren auf die jeweilige Struktur- und Materialgeschichte eines gegebenen Objekts. So kann man die gesprungenen Bildschirme von Geissler und Sann als Reflexionen vergangener Geschichten ansehen, von der Konstruktion der Bildschirme bis zu den Bildern, die sie übertragen und die Geräusche, die sie gemacht haben.
Es gibt eine inhärente Schönheit von Rissen, weil sie aufrichtig eine Form von Zerbrechlichkeit ausdrücken. Risse können Warnungen sein, aber sie können auch die Leitlinien für Wachstum bilden: Im frühen 20. Jahrhundert argumentiert Sir Thomas D'Arcy Wentworth Thompson in seinem einflussreichen Buch "On Growth and Form" (1917), dass alle Lebewesen so gebaut sind, um mechanische Belastungen auszuhalten. Tatsächlich scheinen aktuelle Forschungen in der Zellbiologie - von Neuronen-Trajektorien zu Gewebeeinstülpungen bei der Entwicklung von Embryonen -Thompsons Behauptung zu bestätigen.
Letztendlich sind Risse die Markierungen unserer eigenen Schwächen. Aber wie diese Lehren aus Physik und Biologie zeigen, können wir viel von unserer Zerbrechlichkeit lernen und die Schönheit der Unvollkommenheit entdecken, die in der schwachen Balance zwischen Spannung und Widerstand liegt. Solche Schönheit wird von der japanischen Kunst Kintsugi aufgegriffen, bei der die Geschichte eines zerbrochenen Gegenstandes nicht verborgen wird, sondern stattdessen durch bewusst sichtbare, goldene Fugen enthüllt und überhöht wird. In ihren Arbeiten erfinden Beate Geissler und Olivier Sann ihr eigenes Kintsugi. Sie bauen auf ihre eigene Geschichte von Computerbildschirmen in Börsenbüros (Volatile Smile, 2011) auf und nutzen die vielen Implikationen dieser Maschinen. In gewisser Weise geben sie diesen technologisch fortgeschrittenen Produkten eine organische Natur zurück und identifizieren eine Form des Lebens in der Asche einer gequälten und weitestgehend abgekoppelten Industrie.
Olivier Hamant, 2017

Beate Geissler, geboren 1970 in Neuendettelsau, Deutschland.
Oliver Sann, geboren 1968 in Düsseldorf, Deutschland.
Sie leben und arbeiten in Chicago, Illinois, USA.

Öffnungszeiten:
Tuesday - Saturday, 11 am - 6 pm



Internetadresse:  http://www.taubertcontemporary.com/

Texte & Bild © taubert contemporary.

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