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Ruhr.2010:
Dran bleiben! Das Ruhrgebiet sollte jetzt den dritten Schritt wagen
09.09.2010
Mit einer "globalen Stadtausstellung" soll sich das Ruhrgebiet im Jahr 2020 der Welt präsentieren. Die Schau soll Bestandteile von Bau-, Wirtschafts-, Technik-, Kultur- und Garten/Landschaftsbauausstellungen vereinen und ein neuartiges Gesamtbild der Stadtlandschaft Ruhr vermitteln. Aufbauend auf den Erfolgen und Erfahrungen der IBA Emscherpark und von RUHR.2010 soll jetzt der dritte Schritt auf dem Weg zu einer Metropole Ruhr gewagt werden.
Das empfiehlt die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL), in die 400 führende Planer, Städtebauer, Wissenschaftler und Fachpolitiker aus dem ganzen Land berufen werden. In ihrem Projekt "Charta Ruhr" empfiehlt die DASL außerdem ein gemeinsames Entwicklungskonzept ("Strategieatlas") für eine "urbane metropolitane Stadtlandschaft", ein zukunftsweisendes "Neues Emschertal", eine durchgreifende Entschuldung der Ruhrstädte durch Bund und Land und eine gemeinsame Kommunalverfassung für die Region, die einer Metropole des 21. Jahrhunderts gerecht wird.
I. Das Projekt
"Charta Ruhr" ist ein Projekt der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung aus Anlass und auf Veranlassung der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010. Charta Ruhr gibt Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Ruhrgebiets für die Zeit nach der Europäischen Kulturhauptstadt.
Das Buch "Charta Ruhr" ist das Ergebnis einer fast zweijährigen Diskussion in der Akademie und mit zahlreichen Praktikern und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland. Jetzt sollen die Positionen der Akademie für eine breite öffentliche Diskussion geöffnet werden. "Charta Ruhr" ist also ein Aufruf zur öffentlichen Diskussion ihrer Empfehlungen und Anregungen. Es ist der Wunsch der Akademie, dass die letzten Monate von Ruhr.2010 verstärkt dazu genutzt werden, Verständigung zu suchen: Wie wird dieser schwerindustriell geprägte polyzentrale Metropolraum mit 5 Millionen Menschen eins mit sich selbst? Dazu macht die Akademie Vorschläge.
In ihrer Jahrestagung vom 7. bis 10. Oktober in Dortmund und Essen wird sich die Akademie mit allen eingegangenen Anregungen und Vorschlägen ausführlich befassen.
Zum Finale des Kulturhauptstadtjahres wird die Endfassung der Charta Ruhr vorliegen - in Auswertung aller Stimmen, die sich zur Charta Ruhr und ihren Inhalten geäußert haben. Die Akademie hat zu diesem Zweck Foren eingerichtet: bei RUHR.2010 und bei der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung.
II. Die Zeit ist ein Erfolgsfaktor - in lange Linien denken und aktuelle Zeitfenster nutzen!
Die Zeit ist ein wesentlicher Faktor des Erfolgs.Einerseits: Seit knapp 100 Jahren ist der Raum zwischen Ruhr, Emscher, Lippe und Hellweg auf der Suche nach sich selbst. Spätestens seit Robert Schmidts Generalsiedlungsplan aus dem Jahre 1912 diskutiert das Ruhrgebiet über seine Grenzen, seine Verfassung, seine gemeinsame Entwicklung und seinen nationalen und internationalen Stellenwert. Strategischer Höhepunkt dieser Diskussion war vor knapp einem halben Jahrhundert das sog. Ruhrprogramm der Landesregierung aus dem Jahr 1968. Dieses Programm war die erste umfassende politisch-fachliche Konzeption für einen schwerindustriell geprägten Großraum in Europa. Gelassenheit und Besonnenheit, also die Vermeidung von Schnellschüssen und Hysterie, sind die Maßstäbe, die diese Zeithorizonte nahelegen: in langen Linien denken!
Andererseits: Der globale Wettbewerb der Metropolräume wird erkennbar härter. Die Defizite des Ruhrgebiets werden offenkundiger, auch seine Chancen. "Es liegt was in der Luft...". Folgerichtig - und in Europa wohl beispiellos - hat sich die konzeptionelle Qualität der "Selbst-Entwicklung" des Ruhrgebiets in den letzten 2 Dekaden deutlich verbessert. Und die Taktgeschwindigkeit hat sich beschleunigt. Seit 1990 ist viel im Gange und im Schwange. Als Katalysatoren haben zwei Großereignisse gewirkt: die IBA Emscherpark in den 90er Jahren und RUHR.2010 - beides Ereignisse von europäischem Format und strategischem Neuland. Alle sich heute und absehbar ergebenden Chancen einer zukunftstauglichen Entwicklung nutzen und den Faden nicht abreißen lassen! Dies ist der andere Maßstab: Jetzt den dritten Schritt wagen!
Die erste Empfehlung der Akademie: Der dritte Schritt sollte im Jahr 2020 eine erste "globale Stadtausstellung Ruhr" sein - ein neues Format der Präsentation einer metropolitanen Stadt-Landschaft, mehr als eine Bau- oder Landschafts- oder Gartenbau- oder Technik- oder Wirtschafts- oder Kulturausstellung, sondern ein integriertes Ganzes; mehr und anderes als eine traditionelle Weltausstellung. Neue Antworten auf Klimawandel, Bildungsherausforderungen, Migration und Integration, Energie- und Verkehrsfragen sollen gegeben werden. Insgesamt soll die herausragende Ruhr-Kompetenz einer breiten Kultur der Transformation im Focus stehen: wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch. Dieses neuartige Format einer weltweit beachteten "Ausstellung" soll alle aktivieren, die überhaupt im Ruhrgebiet erreichbar sind: Unternehmen, Vereine, das Ehrenamt, Wissenschaft, die Medien, die Kulturschaffenden, Architekten und Ingenieure, Schulen und Hochschulen...
Alle Kräfte sollen auf das Ziel 2020 hin mobilisiert werden. Den Weg bis dahin nutzen, Schritt für Schritt! Ein internationaler Wettbewerb sollte die Erfahrungen von IBA Emscherpark und RUHR.2010 aufgreifen und nutzen und den Rahmen und die Konturen dieses neuen Formats konkretisieren.
III. Ziele gemeinsam definieren und strategische Ansätze vernetzen!
Was die Beschäftigung mit seiner Zukunft betrifft, hat das Ruhrgebiet nicht einen Mangel, sondern einen Überschuss an Energie. Was fehlt, sind Ordnung und Struktur.
Es fehlt im Ruhrgebiet nicht an Initiativen, Projektlinien, Diskussionsentwürfen und Forderungen in Richtung einer Ruhrstadt, eines gemeinsamen Metropolraumes oder praktischer Kooperation. Im Gegenteil: Unübersichtlich ist die Zahl der Anstöße und der praktizierten Formen der Kirchtürme überschreitenden Zusammenarbeit, und täglich werden es mehr. So ist ein Wildwuchs von Initiativen in Forschung, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft entstanden, jeweils unabhängig von einander und einander inhaltlich überlappend.
Die zweite Empfehlung der Akademie: Die Akademie schlägt einen "Strategieatlas Ruhr" vor. Er soll allen Akteuren - den Kommunen und dem Regionalverband Ruhr, der Energie-, Wohnungs-, Wasser- und Kreativwirtschaft, den Verkehrsunternehmen, den kulturellen Einrichtungen, den universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und vielen anderen mehr - im Laufe des Entwicklungsprozesses Orientierung geben: immer wieder die Möglichkeit eröffnen, ihre jeweiligen Initiativen an einem gemeinsamen Zielsystem zu messen, Zeithorizonte zu harmonisieren, Doppelarbeit zu vermeiden, Kräfte zu bündeln und sie insgesamt in eine strukturierte Beziehung zu einander zu setzen. Allein schon die Transparenz und strukturierte Ordnung sowie die gemeinsame kontinuierliche Fortschreibung des Strategieatlasses schaffen einen Mehrwert in Richtung einer metropolitanen Zusammenarbeit. Alles Weitere wird dann leichter!
IV. Ruhr muss urban werden!
Dies ist das (Vor-)Urteil über das Ruhrgebiet schlechthin: Standortnachteil von Ruhr ist der Mangel an Urbanität im traditionellen Sinn. Dichte, Zentralität, Überlagerung von Funktionen - das ist nicht das Ruhrgebiet, und "schön" ist es auch nicht wirklich durchgängig, weder in seinen städtischen Zentren noch in seinen Rändern. Urban werden - darin liegt die eigentliche Entwicklungsrichtung von Ruhr.
Aber: das Ruhrgebiet sollte traditionelle urbane Stadtmuster nicht abkupfern. Das hat es nicht nötig und hilft ihm auch nicht weiter. Die Stadtlandschaft von Ruhr ist historisch grundlegend anders entstanden als Stadträume, in die sich Industrie und Gewerbe eingenistet haben. Die Siedlungsstruktur des Ruhrgebiets ist völlig anders entstanden: sie ist eine unmittelbare Folge der schwerindustriellen Großindustrie. Dies ist zugleich die größte Belastung wie faszinierende Chance. Standortvorteil von Ruhr ist nämlich die Herstellung von Urbanität in einem maßgeschneiderten Sinn, bezogen auf alte Industrieräume und polyzentral organisierte Regionen: viele Freiflächen, neue Landschaftstypen, andere Mobilitätsmuster, Erfolg versprechende Integrationsvoraussetzungen, Neuerfindung von Wassersystemen, gesunde, klimagerechte, resiliente Stadt - genau das sind weltweit auch die wichtigsten Fragen der Entwicklung aller neuen Riesenstädte.
Die Schlüsselfrage für die Entwicklung von "Ruhr" zur "Metropole Ruhr" liegt also nicht in Einzelaspekten ökonomisch-technischer, kultureller oder sozialer Art. Ohne einen beträchtlichen Zuwachs an neuer urbaner Qualität, an "anderer" Schönheit von Stadtkernen wie Landschaft, Wasserläufen wie Stadträndern sind alle Anstrengungen zur Ansiedlung von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, oder Kulturinstitutionen vergeblich.
Die dritte Empfehlung der Akademie: Das übergreifende Entwicklungsziel der "Metropole Ruhr" sollte eine gemeinsame Verständigung auf die Schaffung einer urbanen metropolitanen Stadtlandschaft sein. Die wissenschaftlichen Vorarbeiten dafür sind weit voran geschritten, die praktischen Ansätze dazu überall sichtbar: die Kerne "urbanisieren", die inneren Ränder stärken, einen neuen Landschaftstyp heran reifen lassen, vom Wasser her denken, Experimentierräume sichern, Urbanität mit Bildung für alle "aufladen", das soziale Auseinanderbrechen der Stadtgesellschaft Ruhr verhindern, die gesunde, resiliente Stadt anstreben und - nicht zuletzt: die "schöne" Stadt, wo immer es geht, kompromisslos realisieren!
V. Die kommunalen Haushalte im Ruhrgebiet durchgreifend entschulden!
Die Entwicklungschancen von Ruhr sind durch die strukturelle Situation der kommunalen Haushalte verstellt. Alle kommunalen Haushalte im Ruhrgebiet leiden unter einer strukturellen Inkongruenz von öffentlichen Aufgaben und den weit dahinter zurück bleibenden fiskalischen Möglichkeiten. Das ehemals industrielle Herz Deutschland leidet bis heute an den Folgen der Groß- und Schwerindustrialisierung. Der Transformationsprozess in eine überwiegend wissensbasierte Dienstleistungsgesellschaft mit kleineren und mittleren industriellen Kernen benötigt leistungs- und handlungsfähige öffentliche Haushalte. Der Kopf muss wieder frei werden für mutige, langfristig angelegte Strategien und darf nicht blockiert werden durch unverschuldet überschuldete kommunale Haushalte.
Die vierte Empfehlung der Akademie: Ohne ein durchgreifendes Entschuldungsprogramm durch Bund und Land NRW ist eine handlungs- und entwicklungsfähige "Metropole Ruhr" mit urbanen Qualitäten nicht möglich. Sollen die Strukturerfolge von IBA Emscherpark und RUHR.2010 nicht auf's Spiel gesetzt werden, müssen die kommunalen Haushalte kurzfristig saniert werden.
VI. Das Ziel nicht aus dem Auge verlieren: eine Verfassung Ruhr!
Die fünfte Empfehlung der Akademie: Als Metropole benötigt Ruhr eine formal abgesicherte kommunale Verfasstheit mit klaren Funktionsbeschreibungen nach innen und außen. Diese ist nicht Voraussetzung für die jetzt anstehenden Entwicklungsaufgaben, die sämtlich durch kluge und konsequente Abstimmungen der (Ober-)Bürgermeister und Landräte gemeistert werden können. Aber eine Verfassung Ruhr sollte bis zur "globalen Stadtausstellung" im Jahre 2020 angestrebt werden. Die Akademie empfiehlt, dabei von den starren Schemata der Kommunalordnung und der Verwaltungsstruktur, die auf Entwicklungen im 19. Jahrhundert zurück gehen, zu Gunsten einer Metropole des 21. Jahrhunderts Abstand zu nehmen.
VII . Das "Neue Emschertal" bauen!
Das "Neue Emschertal" ist die finanziell und konzeptionell ambitionierteste Anstrengung dieses Jahrzehnts im Ruhrgebiet. Es ist das Schlüsselprojekt in Ruhr, ein gemeinsames Projekt von Regionalverband Ruhr, Emschergenossenschaft, Städten und Land.
Von den Wasserläufen her denken, aber zugleich die Landschaft zu einem faszinierenden Landschaftspark gestalten, die Siedlungen "urbanisieren", Experimentierräume sichern, Bildungsinfrastruktur verbessern und soziale Integration beherzt angehen, die gesunde, resiliente Stadtlandschaft Ruhr anstreben - das scheint sowohl von der räumlichen Ausdehnung wie von der finanziellen Größenordnung und nicht zuletzt von der strategischen Ausrichtung einmalig in Europa zu sein. Das "Neue Emschertal" könnte und sollte die Visitenkarte des Ruhrgebiets werden und im Zentrum der "globalen Stadtausstellung 2020" stehen - ein großes Laboratorium für alte Industrieregionen und polyzentral organisierte Räume in aller Welt!
VII. Die "Charta Ruhr" enthält eine Reihe weiterer konkreter Empfehlungen.
1. Vitale Universitätsviertel schaffen - die dichteste Hochschullandschaft Europas muss auch eine städtebaulich attraktive Bildungsregion werden!
2. Schulen zu attraktiven Quartiersmittelpunkten umgestalten - Schulen sind Lebensmittelpunkte!
3. Metropole Ruhr mit dem technologisch geringst möglichen CO2-Ausstoß realisieren - gerade das Ruhrgebiet schafft dafür gute Chancen!
4. Multimodalen Verkehr ermöglichen - den Öffentlichen Nahverkehr systematisch stärken!
5. Energiemetropole der Zukunft werden - wer könnte das besser als das Ruhrgebiet!
6. Masterplan Wissenschaft erstellen - dabei die traditionelle Clusterbildung entlang natur-, ingenieur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten überwinden!
7. Ein Netzwerk für "advanced urban and metropolitan studies" schaffen - die vielfältigen Ansätze dazu im Ruhrgebiet bündeln und einen internationalen Schwerpunkt der Metropolen- und Urbanitätsforschung schaffen!
8. Transformationsforschung etablieren - das Ruhrgebiet ist der Transformationsraum schlechthin!
9. Ein globales Kompetenzzentrum für multilinguale Kommunikation schaffen - Öffnung zur Welt mit vielsprachiger Ausbildung!
10. Kreativwirtschaft fördern - in der Kreativwirtschaft liegt die Triebfeder sowohl der kulturellen wie der ökonomischen Entwicklung von Ruhr!
11. Weltkulturerbe als Netzwerk im Ruhrgebiet sichern - über Zollverein hinaus denken!
VIII. Die Akademie für Städtebau und Landesplanung
Der Akademie für Städtebau und Landesplanung gehören 400 aktive und im Berufsleben stehende Mitglieder an, davon fast ein Drittel aus Nordrhein-Westfalen. Mitglieder sind etwa zur Hälfte Praktiker - Stadt- und Landesplaner, Städtebauer, Architekten und Landschaftsplaner - und Wissenschaftler - Hochschullehrer, Institutsleiter und Forscher.
Die Akademie ist damit eine unabhängige Einrichtung, die wissenschaftliches Wissen mit praktischer Kompetenz verbindet. Darin liegt ihre Alleinstellung. Sie gibt ihren Rat frei von politischen und institutionellen Bindungen - allein ihrer wissenschaftlichen Kompetenz und ihren praktischen Erfahrungen verpflichtet.
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